Seht, die dritte Kerze brennt. Und vielleicht hat die dritte Kerze in Ihrem Adventskranz eine andere Farbe, als die Kerzen der anderen drei Adventssonntage? In den christlichen Kirchen heißt der dritte Adventssonntag „Gaudete“. Das ist Latein und bedeutet „Freut euch!“. Der Apostel Paulus ruft uns zu „Gaudete in Domino semper!“ - „Freut euch im Herrn allezeit“.
Freut euch! Wie klingt das für Sie?
Können Sie sich auf Zuruf freuen? Ich meine so richtig freuen. Dabei meine ich nicht unbedingt das Lachen über einen guten Witz, die Freude, dass ich mit dem Auto nicht geblitzt wurde oder drei Richtige im Lotto. Ich meine eine richtig tiefe Freude, die in uns hinein und über den Augenblick hinaus wirkt. Freude kann man nicht anordnen. Freude muss sich ergeben. Für mich ist der Zuruf „Freut euch!“ an diesem Sonntag auch kein Kommando zu sofortiger Fröhlichkeit. Vielmehr verstehe ich diesen als Aufforderung innezuhalten und wahrzunehmen, welche Gründe ich in meinem Leben gerade habe, mich zu freuen. Da gehört ein ausgedehnter Spaziergang mit meinem besten Freund ebenso dazu wie eine unerwartete Postkarte einer Kollegin mit einem Dankeschön für die gute Zusammenarbeit oder ein Anruf eines alten Bekannten. Ich denke aber auch an den Weihnachtsmarktbesuch mit Freunden die ich nur zwei Mal im Jahr sehe und bei dem die Zeit wie im sprichwörtlichen Flug verging. Mir kommt ein gemeinsamer Ausflug mit meinem Patenkind im letzten Sommer in den Sinn. Und ich erinnere mich an einen wertschätzenden Dankeschönabend für mein ehrenamtliches Engagement.
Beim Sammeln dieser Beispiele merke ich, dass tief empfundene Freude für mich oft etwas mit Beziehungen zu tun hat. Ich muss nicht nur geben, ich darf auch nehmen. Die Freude entsteht aus einem lebendigen Miteinander zwischen Menschen, die einander Zeit und Aufmerksamkeit schenken. Wir dürfen froh sein, einander zu haben, einander zu beschenken, einander gut zu sein. Wenn wir achtsam sind, miteinander gut umgehen und füreinander Licht sind, dann können wir diese tiefe weihnachtliche Freude spüren.
Ich weiß aber auch, dass sich viele Menschen einsam fühlen und nicht so viele zwischenmenschliche Freudenmomente sammeln können. Umso dankbarer bin ich für Angebote wie das kostenfreie „Frühstück gegen das Alleinsein“ an jedem Donnerstagvormittag im katholischen Pfarrheim Bad Brückenau, Nachbarschaftshilfen und Begegnungsnachmittage. Vielleicht können wir den Gaudete-Sonntag zum Anlass nehmen einmal nachzudenken, wem wir wieder einmal etwas Zeit und Aufmerksamkeit schenken könnten?
Apostel Paulus ergänzt seinen Aufruf „Freut euch im Herrn“ um die Zusage „Der Herr ist nahe“. Klar, in einer Woche feiern wir Weihnachten, das Fest der Menschwerdung Gottes. Er hat seinen Sohn in unsere Welt geschickt und teilt unser Leben. Wir sind nicht allein. Er geht alle Wege mit. Er will uns trösten, ermutigen und begleiten. Gott ist nah – ganz besonders an Weihnachten. Ich mache die Erfahrung, dass sich viele Menschen vom Weihnachtsfest und der weihnachtlichen Botschaft berühren lassen, auch wenn sie sonst das restliche Jahr über wenig mit Kirche und Gott anfangen können. Und auch das ist für mich ein Grund zur Freude!
Ich wünsche Ihnen einen schönen dritten Adventssonntag und viel Freude in den kommenden Tagen!
Ralf Sauer
Koordinator Pastoraler Raum Bad Brückenau
Dipl.-Sozialpädagoge (FH)